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Über
Fanny Lewald sprach Dr. Beutner. Foto: J. Blüthner |
Ein Vorbild für die Frauenbewegung
Buchen. (jbl) In Kooperation mit der Landsmannschaft
Ostpreußen, Gruppe Buchen und mit der Bücherei des Judentums war am Samstag
Dr. Bärbel Beutner aus Unna
zu Gast im Klösterle.
"Unsere Gruppe ist stets bemüht, Verbindungen zu
schaffen", kündigte Sieglinde Winkler den Vortrag über Schriftstellerin Fanny
Lewald an. Dr. Beutner war auf der Flucht ihrer Eltern in der Nähe von Königsberg
geboren. Begeistert sprach sie von der jüdischen Vorreiterin der Frauenbewegung,
Fanny Lewald. Diese wurde 1811, als Tochter jüdischer Eltern, in Königsberg geboren.
Ihre 26 Romane, 43 Novellen, 36 autobiografischen Schriften und 40 Feuilletons
gelten als Fundgrube für die Zeitgeschichte Königsbergs. Der bekannteste Roman
"Jenny" beschreibt die Konflikte eines Mädchens einer Kaufmannsfamilie im 19.
Jahrhundert.
Lewald verarbeitete ihre Erfahrungen. Den jüdischen
Namen hatte der Vater abgelegt und Lewald angenommen. Nichts sollte an die religiöse
Herkunft erinnern. Der Vater ging so weit, dass er die Brüder Fannys taufen ließ,
um ihre Chancen in der Gesellschaft zu erhöhen. "Frauenzimmer" hingegen sollten
in ihren Verhältnissen bleiben. Dennoch wurde auch Fanny 1829 getauft. Nachzulesen
ist ihre Lebensgeschichte in drei Romanen. Dr. Beutner las aus "Befreiung und
Wanderleben". Da der Vater Fannys auf Bildung Wert legte, durfte seine Tochter
die Privatschule besuchen. Zunächst freute sich der Vater über die Intelligenz
des Mädchens, kommentierte diese aber später mit: "Dein Kopf hätte besser auf
dem Körper eines Jungen gesessen". Ausbildung und Beruf waren ihr verwehrt. Sie
musste im Haushalt helfen, ihr fehlte die geistige Nahrung. Lesen und Schreiben
war ihre Befreiung. Sie begann, für die Rechte der Mädchen einzutreten.
Da die Mutter früh starb, fügte sich die junge
Rebellin und übernahm die Betreuung der Geschwister. Sie litt still, verehrte
den strengen Vater, bis sie auf einen Theologiestudenten traf. Eine Ehe bahnte
sich an, doch dann schritt der Vater ein. Lange bleibt ihr die Liebe verwehrt.
Jahre später lernte sie auf einer Reise den späteren Ehemann Adolf Theodor Stahr
kennen. Fanny Lewald verurteilte die Versorgungsehe in einigen ihrer Schriften
hart. Eine Fügung ermöglichte ihr 1840, als ihr Vetter August Lewald sie bat,
einen Bericht für das Journal Europa zu schreiben, das Elternhaus zu verlassen
und sich beruflich zu verwirklichen. Auch dessen Vater, ihr Onkel, war so begeistert,
dass er den Vater bat, sie als Schriftstellerin zu fördern. Der Vater bewunderte
die Fähigkeiten seiner Tochter, erlaubte ihr aber nur das anonyme Schreiben.
Mit 30 verließ Fanny Lewald das Elternhaus und
ging nach Berlin, wo sie mit bedeutenden Denkern ihrer Zeit zusammentraf. Sie
reiste gerne, was man den detaillierten Reisebeschreibungen über Italien, Frankreich,
England und Schottland entnehmen kann.
Bilder Königsbergs ließen die Zuhörer eintauchen
in die Zeit der Fanny Lewald und man bekam Lust, in den Schriften zu schmökern.
Noch lange wurden eigene Erinnerungen an Königsberg ausgetauscht. Ein Dank ging
an Hermann Schmerbeck, den Vorsitzenden der Stiftung Bücherei des Judentums.