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Minden: Lesung von Ulla Lachauer im Preußen-Museum

Einem Rückblick in die Zeit vor 1945 und der Entwicklung danach galt unsere Veranstaltung mit Ulla Lachauer in Minden. Dies war das dritte Mal, dass die Kreisgemeinschaft Landkreis Königsberg im Preußen-Museum in Minden eine Lesung mit bekannten Schriftstellern durchführte. Die erste fand vor vier Jahren statt. Da sprach Tatjana Gräfin Dönhoff über ihre Beziehung zum Land ihrer Familie, vor zwei Jahren las Arno Surminski hier aus seinen Büchern. Nun hatten wir Ulla Lachauer, eine gebürtige Westfälin, eingeladen. Ich habe den Zuhörern kurz berichtet, wie ich dazu kam, mich an Frau Lachauer zu wenden. Ich kannte Ihre „Paradiesstraße“. Aber dann hatte ich im August des vorigen Jahres das Glück, die Paradiesstraße in natura zu sehen. Das war auf einer geführten Fahrradreise von Wilna, über Kaunas ins Memelland, dann nach Tilsit, über die Kurische Nehrung nach Königsberg und Danzig. Und so radelten wir am dritten Tag unserer Tour auf äußerst schotterigen und holperigen Wegen in Bittehnen ein - so hieß das Dorf zu deutscher Zeit, in dem sich die Paradiesstraße befindet. Der Enkel der Lena Grigoleit, der HeIdin des Romans, betreibt die Landwirtschaft und die Frauen des Hofes servierten die besten Flinsen, die man sich denken kann. Wir saßen in einer Art langgestreckter Laube an einem langen Tisch mit gut 20 Personen und ließen uns von Lena Grigoleit erzählen. Nach etwa zwei Stunden, führten uns zwei Urenkelinnen zum Grab, das in einem Wäldchen auf dem Rombinus liegt. Dann setzten wir unsere Fahrt Richtung Luisenbrücke in Tilsit fort, wo wir dann in Russland ankamen. Der Besuch in Bittehnen, der Meinung waren wir alle, war das eindrucksvollste und anrührendste Erlebnis der Fahrt. Hätte Frau Lachauer dieses wunderbare, ungewöhnliche und historisch wichtige Buch nicht geschrieben, wäre ein typisches mutiges ostpreußisches Leben nicht so liebevoll und realistisch festgehalten worden. Frau Lachauer las nicht nur aus ihrem Buch, sie ließ uns im Saal an ihren Gesprächen mit Lena Grigoleit und deren bäuerlicher Welt teilhaben. Unter den Zuhörern gab es einige, die die Verhältnisse in Bittehnen kannten und die auch schon im heutigen litauischen Bitenai gewesen waren. Aber auch die, die keine direkte Beziehung zu diesem entlegenen Fleckchen Erde haben, ließen die Schilderungen nicht unberührt. Spiegelt sich doch im Schicksal der Lena Grigoleit das wechselhafte schwere Leben der Bewohner eines deutschen Landstrichs, deren Dasein die bäuerliche Welt war, wider. Dafür dankten die Anwesenden Frau Lachauer mit viel Beifall. Auch das lebhafte Gespräch, das sich nun anschloss, zeigte, wie Frau Lachauer die Herzen ihrer Zuhörer erreicht hatte. Ich habe mich gefreut, dass Frau Lachauer diesen Nachmittag ebenfalls genossen hat. Sie schrieb mir: „Es war ein schöner Nachmittag für mich, in Gedanken durch die Paradiesstraße zu spazieren, die großartige Zeit um 1989 nachzuerleben, und wieder mit meinem alten Publikum zusammenz sein.“
 

Quellen:
Foto: Archivmaterial;
Text:
Preußische Allgemeine Zeitung / Das Ostpreußenblatt, Ausgabe 47/12 v. 24.11.2012


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