Von Heide Oehmen
Mönchengladbach.
Mitten in den Wirren des Zweiten Weltkriegs wurde das niederschlesische Dorf Reichenau
- heute Niwa - seiner Kirchenglocke beraubt - sie sollte, wie so viele ihrer Leidensgenossinnen,
eingeschmolzen werden. Doch die dem heiligen Vitus geweihte Glocke überlebte, kam
im Jahre 1964 auf verschlungenen Wegen nach Rheydt und wurde der neu erbauten Kirche
St. Johannes an der Urftstraße übergeben. Dort tat sie mehr als 50 Jahre ihren Dienst,
und niemand wusste etwas über ihre Herkunft.
Doch ein junger Mann aus dem 600-Seelen-Dörfchen
Niwa [Reichenau / Niederschlesien] hatte Nachforschungen über den Verbleib der Glocke
angestellt, und Pfarrer Michael Schicks von der GdG Rheydt-West erhielt eines Tages
einen Brief aus dem fernen Polen mit der Bitte um Rückgabe des "Kriegsraubes". Nachdem
die Kirche St. Johannes leider Ende des vergangenen Monats entwidmet werden musste,
unternahmen Pfarrer Schicks und eine Gruppe von 39 Mitgliedern der Gemeinden St.
Johannes, Herz Jesu, St. Margareta, Hockstein und St. Konrad, Ohler die weite Busreise
in die Nähe von Glatz/Neiße.
Die Gastfreundschaft in dem zumindest in den Dorfregionen
von einer wirtschaftlichen Blüte noch weit entfernten Land, die Freude und die Dankbarkeit,
nun wieder ein Geläute für ihre Vituskirche (aus dem Jahr 1623) zu haben, war überwältigend.
In einem feierlichen Pontifikalamt mit dem Bischof der zuständigen Diözese wurde
die im Jahre 1718 gegossene Glocke der Gemeinde zurückgegeben. Daran schloss sich
ein Empfang für die deutschen Gäste an, der mit polnischen Liedern - gesungen von
den Damen, die vorher in Landestracht köstliche Spezialitäten aufgetischt hatten,
beschwingt ausklang.
Nun wird die Glocke in Zukunft im fernen Niwa [Reichenau
/ Niederschlesien] läuten und auch über den Stadtpatron von Mönchengladbach, den
heiligen Vitus, eine Verbindung mit den freundlichen Menschen in Polen schaffen.